Ermäßigter Steuersatz für Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung?
Erhält ein Freiberufler von der Kassenärztlichen Vereinigung eine Nachzahlung für eine mehrjährige Tätigkeit, kann er diese Gelder möglicherweise mit dem ermäßigten Einkommensteuersatz nach der sog. Fünftelungsregelung versteuern. Entscheidend ist, ob die Zahlung in einem oder in mehreren Jahren geflossen ist.
Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen verweist zunächst auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.12.2006, wonach auch bei Freiberuflern steuerbegünstigte Einkünfte vorliegen können, wenn ihnen Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund eines vorausgegangenen Rechtsstreits zusammengeballt zufließen. Der Urteilsfall betraf einen Psychotherapeuten, der wegen einer vom Landessozialgericht als zu niedrig erachteten Punktbewertung eine Nachzahlung von der Kassenärztlichen Vereinigung erhalten hatte, die 6 zurückliegende Jahre betraf.
Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze
Die Oberfinanzdirektion erklärt, dass die Urteilsgrundsätze von der Finanzverwaltung allgemein angewendet werden und somit auch vergleichbare Nachzahlungen an Freiberufler steuerlich begünstigt sein können. Die Finanzämter wenden den ermäßigten Steuersatz demnach z. B. an, wenn
• der Bewertungsausschuss, der für die Honorarfestlegung zuständig ist, rückwirkend eine abweichende Honorarverteilung beschließt und
• die Kassenärztliche Vereinigung dem Arzt bzw. Psychotherapeuten (durch Erlass eines Abrechnungsergänzungsbescheids) nachträglich zusätzliche Vergütungen zahlt, die wirtschaftlich für mindestens 2 Jahre nachgezahlt wer-den.
Zwar muss die Nachzahlung für mindestens 2 Jahre geleistet werden, allerdings sollte sich die Auszahlung möglichst nicht über mehrere Veranlagungszeiträume erstrecken. Denn die Oberfinanzdirektion weist auf folgende Unterscheidung hin:
• Wird die Nachzahlung über 3 oder mehr Jahre verteilt ausgezahlt, kommt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs keine ermäßigte Besteuerung in Betracht, weil in diesem Fall keine Zusammenballung von Einkünften mehr vorliegt.
• Bei einer Nachzahlung, die über 2 Jahre verteilt ausgezahlt wird, ist momentan noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob der ermäßigte Steuersatz angewandt werden kann.
Fazit
Hat ein Freiberufler entsprechende Nachzahlungen in nur einem Veranlagungszeitraum bezogen, erfüllt er in der Regel das Kriterium der Zusammenballung und kann daher regelmäßig den ermäßigten Einkommensteuersatz beanspruchen. Wurde ihm die Nachzahlung hingegen über 2 Jahre verteilt ausgezahlt, steht eine abschließende Klärung durch den Bundesfinanzhof noch aus. In diesen Fällen kann sich der Freiberufler mit einem Einspruch gegen eine abgelehnte ermäßigte Besteuerung wenden und unter Hinweis auf das anhängige Verfahren das Ruhen des Verfahrens beantragen (sog. Zwangsruhe). Sofern sich die Auszahlung über 3 oder mehr Jahre erstreckt hat, lässt die Rechtsprechung hingegen keinen Raum für eine ermäßigte Besteuerung.
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