Innergemeinschaftliche Lieferungen: Steuerpflicht für Bösgläubige
Kernaussage
Immer wieder werden in der EU in hohem Umfang Umsatzsteuern hinterzogen, u. a. durch so genannte “Umsatzsteuerkarusselle”. Problematisch sind hierbei nicht nur die Steuerausfälle, sondern auch, dass Unternehmer, die unwissentlich in ein solches “Karussell” geraten, mit Nachforderungen des Fiskus rechnen müssen. So droht ihnen z. B. der Verlust der Steuerbefreiung für die Lieferungen, die sie aufgrund der falschen Angaben ihrer Kunden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen deklariert haben. Hier hilft nur der Vertrauensschutz, welcher jedoch nur unter sehr restriktiven Bedingungen gewährt wird.
Sachverhalt
Ein Kfz-Händler verkaufte 2 Pkws an eine GmbH in Luxemburg. Der Kontakt zur GmbH erfolgte ausschließlich über einen in Deutschland ansässigen Beauftragten der GmbH sowie über deutsche Telefon- und Faxnummern. Die Kaufpreiszahlung erfolgte bar. Der Kfz-Händler hatte alle gesetzlich nach der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) geforderten Nachweise eingeholt und behandelte die Verkäufe als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Demgegenüber kam das Finanzamt nach einer Prüfung durch die Steuerfahndung zu dem Ergebnis, dass die Steuerbefreiung zu versagen sei. Die vermeintliche Käuferin, die GmbH, war schon vor 8 Jahren aufgelöst worden. Alle vorgelegten Pässe waren gefälscht. Der Kfz-Händler klagte hiergegen, da ihm Vertrauensschutz zu gewähren sei.
Entscheidung
Entgegen der Vorinstanz versagt der Bundesfinanzhof (BFH) dem Kläger die Steuerbefreiung. Nach Ansicht des BFH fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Gutgläubigkeit, da er nicht mit der erforderlichen Sorgfalt sichergestellt hat, dass er sich nicht an einer Steuerhinterziehung beteiligt. Angesichts der deutschen Kontaktadressen hätten dem Kläger Zweifel kommen müssen, ob er tatsächlich mit einer GmbH in Luxemburg verhandelt. Diese Zweifel hätte er durch den Versuch der Kontaktaufnahme mit dem Geschäftssitz in Luxemburg ausräumen können, was er nicht tat. Dies gilt erst recht, wenn der Kaufpreis bar gezahlt wird und hochwertige Waren gehandelt werden.
Konsequenz
Wer aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BFH geglaubt hat, er wäre auf der sicheren Seite, wenn er alle geforderten Beleg- und Buchnachweise erbringt, liegt falsch. Weisen andere Umstände darauf hin, dass an den Angaben des Erwerbers zu zweifeln ist, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die Steuerbefreiung sicherzustellen. Barzahlungen sollten in solchen Fällen vermieden werden, ggf. ist sogar auf das gesamte Geschäft zu verzichten.
Weitere Steuer-News
Umsatzsteuerfreiheit von Gutachten und Sachverständigentätigkeiten durch Ärzte
Kernaussage Eine Tätigkeit im Sinne von §4 Nr. 14 UStG ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung "Arzt" oder "Ärztin". Allerdings sind [...]
Kein Vorsteuerabzug bei ungenauer Leistungsbeschreibung
Einführung Unternehmer müssen ordnungsgemäße Rechnungen vorlegen, wenn sie den Vorsteuerabzug geltend machen wollen. U. a. fordert das UStG die Bezeichnung der erbrachten [...]
Übernahme von Geldbußen durch den Arbeitgeber ist Arbeitslohn
Kernproblem Bekommt ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einen Vorteil zugewendet, stellt sich die Frage, ob dies für ihn einen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt. [...]
GmbH in der Krise – Haftung des Geschäftsführers für Steuerausfälle
Kernproblem Der Geschäftsführer einer GmbH muss persönlich für die Abführung der Lohnsteuer auch bei Insolvenzreife der GmbH einstehen. Für Gesellschaften in der [...]
Gemeinsame Nutzung des Arbeitszimmers durch Ehegatten
Kernproblem Nutzen Miteigentümer-Ehegatten ein Arbeitszimmer im gemeinschaftlichen Gebäude gemeinsam zur Erzielung von Einkünften, kann jeder anteilig die seinem Anteil entsprechenden Kosten in [...]
Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel ist unverändert zulässig
Einführung Werden Grundstücke sowohl für Zwecke genutzt, die den Vorsteuerabzug zulassen, als auch für solche, die diesen ausschließen, so müssen hierauf entfallende [...]
Ermäßigter Steuersatz bei Abfindungen auch bei Zahlung in zwei Raten möglich
Kernproblem Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. [...]
FG Münster: Händlergarantie eines Kfz-Händlers ist USt-pflichtige Nebenleistung
Einführung Die Übernahme von Bürgschaften und Sicherheiten ist steuerfrei. Werden im Zusammenhang mit Kfz-Verkäufen Garantiepakete angeboten, stellt sich die Frage, ob die [...]
Umsatzsteuerpflicht der Mitgliedsbeiträge an einen Verein
Einführung Nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH sowie des BFH können Mitgliedsbeiträge an Vereine der Umsatzsteuer unterliegen. Hintergrund der Urteile waren regelmäßig [...]
Arbeitnehmer hat nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte
Kernproblem: Ob ein Arbeitnehmer eine oder mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat, kann Anknüpfungspunkt für viele steuerliche Fragestellungen sein. Dies gilt z. B. für [...]
Pflichtangaben in Rechnungen
Eine Rechnung muss die folgenden Angaben enthalten: Kleinbetragsrechnungen (bis 100,- EUR, ab 1.1.2007 bis 150,- EUR): • Namen und vollständige Anschrift des [...]
Elektronische Rechnungsstellung
Kernaussage: Kürzlich wurde das Steuervereinfachungsgesetz 2011 verabschiedet; es beinhaltet Neuregelungen zu den elektronischen Rechnungen, die rückwirkend ab dem 1.7.2011 gelten. Für die [...]
Sind Portokosten durchlaufender Posten oder Entgelt?
Kernproblem: Werbeagenturen, Lettershops etc. übernehmen u. a. den Versand von Prospekten, Flyern usw. für ihre Kunden. Dabei wird das Porto zunächst verauslagt [...]
Physiotherapeuten: Nicht jede Massage ist USt-frei!
Kernaussage: Heilberufliche Leistungen sind nur von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie ein therapeutisches Ziel verfolgen. Leistungen, die lediglich der Wellness oder der [...]
Haftung des Übernehmenden bei Firmenfortführung
Kernaussage Unter bestimmten Voraussetzungen führt die Übernahme und Fortführung eines Unternehmens unter gleichzeitiger Beibehaltung des dazugehörigen Namens (Firma) dazu, dass der Erwerber [...]
ELSTER-Zertifikat für Lohnsteueranmeldung und USt-Voranmeldung zwingend
Gesetzliche Neuerung Seit dem 1.2.2013 verlangt das Finanzamt, dass Umsatzsteuer-Voranmeldungen, Lohnsteuer-Anmeldungen, der Antrag auf Dauerfristverlängerung, die Anmeldungen der Sondervorauszahlungen sowie die zusammenfassende [...]
Grobe Fahrlässigkeit bei Nutzung des Elster-Programmes
Kernaussage Einwendungen gegen Steuerbescheide sollten innerhalb der Einspruchsfrist vorgebracht werden. Ist diese abgelaufen, werden die Bescheide i. d. R. bestandskräftig. Änderungen zugunsten [...]
Familienheimfahrt mit Dienstwagen: kein Werbungskostenabzug
Kernproblem Unterhält ein Arbeitnehmer einen doppelten Haushalt, kann er Aufwendungen für eine Familienheimfahrt wöchentlich steuerlich geltend machen. In der Regel erfolgt das [...]
Innergemeinschaftliche Lieferungen: Steuerpflicht für Bösgläubige
Kernaussage Immer wieder werden in der EU in hohem Umfang Umsatzsteuern hinterzogen, u. a. durch so genannte "Umsatzsteuerkarusselle". Problematisch sind hierbei nicht [...]
Ermäßigter Steuersatz für Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung?
Erhält ein Freiberufler von der Kassenärztlichen Vereinigung eine Nachzahlung für eine mehrjährige Tätigkeit, kann er diese Gelder möglicherweise mit dem ermäßigten Einkommensteuersatz [...]
Ausbildungskosten: Erstausbildung und Erststudium
Der Bundesfinanzhof beurteilt die Kosten der Erstausbildung und des Erststudiums als Werbungskosten und legt dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob der im [...]
Mindestlohn: Das Hauptzollamt prüft die Einhaltung
Durch den Mindestlohn haben Arbeitgeber seit 1.1.2015 zum einen neue Aufzeichnungspflichten. Zum anderen müssen aber auch die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend ermittelt und abgeführt [...]
Elektronische Kontoauszüge: Aufbewahrung und Archivierung
Banken übermitteln Kontoauszüge an ihre Kunden zunehmend nur in digitaler Form. Da es sich hierbei um originär digitale Dokumente handelt, müssen sie [...]
GoBD: Ordnungsmäßige Buchführung im IT-Zeitalter
Das Bundesfinanzministerium hat ein 38-seitiges Schreiben zu den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form [...]
Kindergeld: Antragstellung nur noch für 6 Monate rückwirkend gültig
Das ändert sich ab 1.1.2018: Seit Beginn des Jahres 2018 kann ein Kindergeldantrag nur noch für 6 Monate rückwirkend gestellt werden. Bisher [...]
Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)
Das ändert sich ab 1.1.2018: Künftig sind Aufzeichnungen nur noch erforderlich, wenn der Wert des Wirtschaftsguts 250 EUR (bisher waren es 150 [...]